Mit Segnen eine positive Gegenkultur prägen

Mich beschäftigt es zunehmend, dass auch viele ernsthafte Christen sich vom medialen Mainstream verleiten lassen und nur noch das Negative sehen und für alles Sündenböcke suchen statt Hoffnung, Glauben und Liebe zu verbreiten. Statt dass sie Entscheidungsträgern ihre Wertschätzung entgegenbringen und für sie segnend beten, kritisieren sie diese bis zum Punkt, wo sie für die Öffentlichkeit kein Gegenüber mehr sind, das gehört wird. 

(Lesezeit: 11 Minuten)

Aber auch im persönlichen Umgang sind viele Christen wenig aufbauend. Sie motzen über dieses und jenes, statt dass sie ihren Mitmenschen helfen, Halt und Orientierung im Glauben an den Vater-Gott der Liebe zu finden. Man kann und soll den gegenwärtigen Problemen in die Augen schauen, aber mit einem glaubenden Blick. Das hilft unserem Gegenüber, nicht zuletzt aber auch uns selber. 

Ehepaar Nüesch vor dem Erholungszentrums Ffald-y-Brenin (Bild: zvg)

Das Zeugnis von Festo Kivengere und Dietrich Bonhoeffer

Ich hatte das Vorrecht, 1978 als Übersetzer den ugandischen Bischof Festo Kivengere persönlich kennenzulernen. Bischof Kivengere ist weltweit bekannt geworden durch sein Buch «Ich liebe Idi Amin». Er liebte nicht das, was unter der Schreckensherrschaft von Idi Amin passierte, aber er liebte ihn mit der übernatürlichen Liebe von Gott und betete für ihn. Festo Kivengere begründete das so: «Am Kreuz betete Jesus ‘Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun’. So schlecht wie Idi Amin ist, wie sollte ich ihm gegenüber weniger tun als Jesus!» Die Bibel heisst uns, Schlechtes mit Gutem zu überwinden1 und selbst unsere Feinde zu segnen2. Und das war dann auch Bischof Kivengeres Botschaft in St.Gallen.

Dietrich Bonhoeffer wurde unzähligen Menschen zum Vorbild für einen Christen, der inmitten der Verfolgung an seinem Glauben unerschütterlich festhielt und für seine Unterdrücker segnend einstand. Kurz vor seinem gewaltsamen Tod auf persönliche Anweisung von Hitler verfasste Bonhoeffer folgenden Kommentar zur Aussage von Petrus «Segnet, damit ihr Segen ererbet3»: «Die Antwort des Gerechten auf die Leiden, die ihm die Welt zufügt, heisst, segnen. Das war die Antwort Gottes auf die Welt, die Christus ans Kreuz schlug: Segen. Gott vergilt nicht Gleiches mit Gleichem, und so soll es auch der Gerechte nicht tun. Nicht verurteilen, nicht schelten, sondern segnen. Die Welt hätte keine Hoffnung, wenn dies nicht wäre. Vom Segen Gottes und der Gerechten lebt die Welt und hat sie eine Zukunft.»

 

Segnen als geistliche Waffe entdecken

Wir haben mit dem Segnen eine geistliche Wunderwaffe in die Hand bekommen. Warum ist Segnen ein so starkes geistliches Werkzeug, wenn es darum geht, die Welt positiv zu prägen?

Das deutsche Wort «Segnen» ist ein Lehnwort des lateinischen signare – signieren, kennzeichnen. Es bedeutet, mit heilvoller Kraft begaben, ins Kraftfeld Gottes, etwas unter seine Herrschaft stellen, Gottes Gegenwart aussprechen. Für Loben und Segnen wird im Hebräischen (barach) und im Griechischen (eulogein) dasselbe Wort benutzt. Beide Male geht es um Gottes Herrlichkeit. Dieter Müller hat es in seinem Buch «Segnen – Gottes Kraft erfahren und weitergeben» so ausgedrückt: «Gotteslob und Segen gehören zusammen und schaffen ein Kraftfeld, in dem Gott wirkt und sich erfahren lässt.»

Das Bild einer geistlichen Himmelsleiter hat mir geholfen, die Beziehung von Loben und Segnen zu verstehen: Im Lob erklimmen wir die Leiter zu Gottes Herrlichkeit, um dann Gottes Gegenwart wieder zurück in die Welt zu bringen, indem wir den erhaltenen Gottessegen wieder anderen vermitteln. So verbreitet sich der Fluss der Liebe, weil der Segnende selber gesegnet wird und den erhaltenen Segen wieder an andere weitergibt.

 

Ein Segen für alle Generationen

Gott bestimmte Abraham zum Urvater des geistlichen Segens. Von ihm erhalten alle Generationen bis heute ihren Segen, falls sie dafür offen sind: «Ich will dich zu einem grossen Volk machen und dich segnen und deinen Namen gross machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden4.» Jüdische Väter segnen ihre Kinder bei der Sederfeier vor dem Sabbat. Das hat viele positiven Auswirkungen. Ein Beispiel: Israel hat über 500 Nobelpreisträger. Der Grösse des Landes entsprechend sollte Israel eigentlich nicht viel mehr als einen Nobelpreisträger haben.

An unserer Haltung zu Israel entscheidet sich, ob wir Segen oder Fluch erleben. Deshalb ist unsere Beziehung zu Israel und den Juden so wichtig. Wir sollten den Juden beistehen und für sie beten, ohne die arabischen Nachbarn zu vergessen. Wenn wir für den Frieden von Jerusalem beten, erleben wir selber, wie der Friedefürst uns segnet.

 

Der Aaronitische Segen als Vorbild

Der Aaronitische Segen kann uns einen Hinweis geben, wie wir konkret segnen können. Auf Anweisung Gottes lehrte Mose seinen Begleiter Aaron und dessen Nachkommen, folgendes Segensgebet zu sprechen: «Der Herr segne dich und behüte dich! Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig! Der Herr erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden5

In diesem Gebet geht es nicht nur um Gnade, Schutz und Frieden. Es wird auch deutlich, dass der Schöpfer- und Vater-Gott ein Gott der Beziehung ist, der uns von Angesicht zu Angesicht begegnen will. Mehr als wir Gottes Segen benötigen, ist es Gottes Wunsch, uns als seinen Kindern seinen persönlichen Vatersegen zu geben und Freundschaft mit uns zu pflegen.

Es gibt biblisch jedoch keine Beschränkung in Bezug auf das Objekt und den Inhalt unseres Segens, solange er dazu dient, dass die Liebe Gottes und seine Grosszügigkeit dadurch offenbar werden. Vor vielen Jahren habe ich das Motto «Lobe Gott – segne Menschen» zu meinem Lebensmotto gemacht, primär zu meinem eigenen Schutz. Als manchmal überkritische Person sah ich überall Mängel und Fehler, auch bei mir selber. Loben und Segnen halfen mir, den Blick von den Problemen weg nach oben zu richten. Nicht zuletzt profitierten meine Familie und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Campus für Christus davon.

Aber auch die Beziehungen zu anderen Leitungspersonen im Leibe Christi verbesserten sich, sodass ein Miteinander heranwuchs, auf dem dann auch gemeinsame Initiativen möglich wurden. Der Fahnenaufmarsch beim Christustag 2004 wäre kaum möglich geworden ohne den vorausgegangenen Prozess der gegenseitigen Wertschätzung. Schliesslich verpflichteten sich Beterinnen und Beter aus allen damals 2'786 politischen Gemeinden der Schweiz, ihre Gemeinden und deren Bewohner zu segnen gemäss der Verheissung von Sprüche 11,11a: «Der Segen der Gottesfürchtigen baut eine Stadt auf.»

 

Ein walisisches Erholungszentrum erlebt die Auswirkungen des Segnens

Eine zusätzliche Dimension, was Segen für Auswirkungen haben kann, erlebten meine Frau und ich am Beispiel des Erholungszentrums Ffald-y-Brenin. Wir lernten dieses Zentrum auf einer Reise in Wales kennen, als wir frühere und jetzige Erweckungs-Hotspots besuchten. Einiges davon floss in das Magazin «Erweckung – Merkmale und Voraussetzungen» ein, das bei mir bezogen werden kann6.

Die kleine Gemeinschaft unter der Leitung des Geschäftsmannes Roy Godwin entschied sich auf einen göttlichen Impuls hin, jeden Freitagvormittag ihre Nachbarn im Tal zu segnen. Lassen wir den Leiter selber zu Wort kommen: «Wir sprechen in jedes Haus Segen im Namen von Jesus. Wir segnen jede Ehe, wir segnen die Beziehung zwischen den Generationen. Wir segnen ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen. Wir segnen die Arbeit ihrer Hände. Wir segnen alle gesunden Unternehmen, in die sie involviert sind. Weil wir ein Landwirtschaftsgebiet sind, segnen wir die Schafherden und das Vieh, und wir segnen das Gras, dass es nahrhaft ist. Wir segnen die bestehenden freundschaftlichen Verbindungen, weil sie ein Zeichen des Königreichs Gottes sind. Wir segnen die Schüler unserer Dorfschule und bitten Gott, dass er ihnen beim Lernen helfen möge. Wir segnen die Lehrer und beten, dass die Schule ein sicherer und gesunder Ort ist, wo kindliches Vertrauen in Gott und Jesus problemlos bewahrt werden kann. Wir beten für beide christlichen Gemeinschaften im Tal, dass das Wort und der Geist Gottes von dort hinausfliesst. Dann sprechen wir in die Herzen aller Bewohner unseres Tales, dass ihre Herzen weich werden und sie immer empfänglicher werden für Gottes Stimme.»

Im Buch «The Grace Outpouring – Blessing Others Through Prayer» von Godwin/Roberts (in deutsch: «Verschwenderische Gnade – Die unglaubliche Geschichte von Ffald-y-Brenin») werden die Resultate dieses wöchentlichen Segensgebetes beschrieben: Schafe warfen drei und vier Lämmer statt der erhofften zwei. Prachtsbullen wuchsen heran und das einzige Bed&Breakfast-Haus wurde zur besten B&B Grossbritanniens gewählt. Vor allem aber wurde das Gebet erhört, dass Menschen offen werden für den Glauben. Viele, die zum Teil als Touristen zufällig die Gegend besuchten, wurden geradezu vom Geist Gottes gedrängt, in das Erholungszentrum hinaufzufahren, wo sie dann Gottes Gegenwart erlebten und ihr Leben fortan Jesus Christus unterstellten. Dabei wurde absolut kein frommer Druck ausgeübt. Gott wirkte souverän, oft ohne dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums dabei eine grosse Rolle spielten. Das einzige, was sie taten, war Tee zu servieren, mit den Besuchern einen Rundgang zu machen und abschliessend zu fragen, ob sie die Besucher segnen dürften. Die enorm positiven Auswirkungen, die vom Segen von diesem unscheinbaren Erholungszentrum ausgingen, sprachen sich herum, sodass mehr und mehr auch Menschen kamen, um gesegnet zu werden, die mit der Kirche und dem Glauben gemäss ihren eigenen Aussagen nichts am Hut hatten. So brachten Lehrpersonen ihre Schüler mit und erfuhren dabei, dass diese Gottes Gegenwart erlebten und verändert wieder ins Tal hinunterfuhren und das Erfahrene in ihrem Umkreis wieder weitersagten.

 

Unser Dorf und Tal segnen

Seit nun 38 Jahren kommen wir ausser in den Ferien als kleine Männergruppe wöchentlich zum Gebet für unser Dorf und Tal zusammen. Mich selber hat das Beispiel von Ffald-y-Brenin ermutigt, am Gebet dranzubleiben und noch mehr als bisher unsere geographischen Nächsten bewusst unter den Segen Gottes zu stellen. Erfreulicherweise hat sich gerade in den letzten Jahren vieles zum Guten gewendet, obwohl wir immer noch auf die walisischen Erweckungsströme warten. Aber wir wissen, dass kein Segensgebet ohne Wirkung bleibt, auch wenn sie nicht immer sofort sichtbar ist.

 

1 vgl. Römer 12,21

2 Matthäus 5,44

3 vgl. 1. Petrus 3,9

4 1. Mose 12,2f

5 4. Mose 6,24-26

6 hpnuesch7@gmail.com

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Kommentare

Werner schreibt
am 1. April 2023
Danke für diesen ermutigenden Beitrag. Ich setzte gleich um und segnete meine Reisegefährten aronitisch.