Mann/Frau/Familie: Sich selbst hassen – ein neuer Trend?

Transgender boomt. Den eigenen Körper abzulehnen und ihn durch Hormontherapien oder Operationen an die gefühlte Geschlechtsidentität anzupassen, mutiert zunehmend zu einer Art Hype. Nicht nur «fromme Konservative», sondern auch Feministinnen wie Alice Schwarzer oder säkulare Experten wie der Münchener Jugendpsychiater Alexander Korte beobachten den neuen Trend insbesondere im Blick auf Minderjährige mit tiefer Sorge.

(Lesezeit: 8 Minuten)

Kinder und Jugendliche, die sich in ihrem Körper nicht wohlfühlen, sind kein neues Phänomen. Laut dem «American College of Pediatricians» (ACP) war die Häufigkeit von Geschlechtsdysphorie bei Minderjährigen jedoch bis vor kurzem noch sehr tief, sie wurde vom ACP mit «schätzungsweise unter einem Prozent» angegeben und betraf tendenziell mehr Jungen als Mädchen. 

(Bild: Michael und Maartje auf Pixabay)

Dies hat sich in jüngerer Zeit jedoch stark verändert: Die Anzahl der Diagnosen von Geschlechtsdysphorie ist in den letzten 10 bis 14 Jahren je nach Land um 1000 bis 4000 Prozent angestiegen und betrifft in rund 80 Prozent Mädchen. Ungeachtet der Tatsache, dass mehr als 80 Prozent der betroffenen Minderjährigen sich im Lauf des Erwachsenwerdens laut Statistiken «von alleine» mit ihrem biologischen Körper versöhnen, werden im deutschsprachigen Raum immer jüngeren Kindern Pubertätsblocker, Hormontherapien oder operative Eingriffe verschrieben1

Fachleute sehen die Gründe für diese massive Zunahme massgeblich in «sozialer Ansteckung». Der Jugendpsychiater Alexander Korte spricht in Bezug auf die geschlechtliche Verunsicherung bei Minderjährigen von einem Zeitgeistphänomen2.

 

Der Hype und die fehlende Identifikation mit Rollenbildern

Transgender sein ist hip. Dieser Trend wird auf vielen medialen Plattformen sehr offensiv thematisiert und als schnelle «Lösung» oder als Ausdruck von Freiheit und Selbstverwirklichung beworben.

Dass es vor allem Mädchen sind, die auf den «Trans-Zug» aufsteigen, erklärt sich die Zürcher Psychologin Barbara Beckenbauer unter anderem damit, dass die Veränderungen in der Pubertät Mädchen tendenziell mehr abverlangen als Jungen. Dies vor allem deshalb, weil die Veränderungen von Östrogenen sich negativer auf die Psyche auswirken als das Testosteron dies bei den Jungen tut. Eine der grössten Herausforderungen für Mädchen besteht laut der Zürcher Psychologin darin, auszuhalten dass sich alles verändert und in Bewegung ist. Gewichtszunahme, Brustwachstum und die Veränderung der Körperformen können teils traumatisch erlebt werden und bei den betroffenen Mädchen das Gefühl auslösen, die Kontrolle über ihren Körper verloren zu haben. Vor allem sensible, intelligente und introvertierte Mädchen, so Beckenbauer, erlebten die Auseinandersetzung mit dieser «Verwandlung» als komplex und reagierten darauf teilweise mit dem Empfinden, keiner der angebotenen Rollen anzugehören und der Folge, diese abzulehnen.

Werden junge Frauen befragt, weshalb sie sich in einer gewissen Phase ihres Lebens in ihrem Körper unwohl fühlten, erklären viele, sie hätten sich nicht mit den durch ihr Umfeld vorgegebenen Rollenbildern identifizieren können. Andere führen negative Erfahrungen mit Jungen oder Männern als Grund für den Wunsch an, selbst ein Mann zu werden. Werden diese Verunsicherungen oder Verletzungen in einer Therapie aufgearbeitet, verschwindet bei vielen jungen Frauen der Drang nach einem «anderen» Körper.

Nicht wenige von ihnen sind erleichtert, keine hormonelle oder operative Geschlechtsumwandlung vollzogen zu haben. Eine junge Ostschweizerin, die während mehrerer Jahre als Junge gelebt hatte, heute jedoch froh ist, keine hormonelle oder operative Transition vollzogen zu haben, erklärt in einem von Pastor und Blogger Paul Bruderer anonym geführten Interview: «Ich habe gemerkt, dass das Problem nicht mein Körper, sondern mein Selbsthass war.» Seit sie diesen mit Hilfe einer Psychotherapie überwinden konnte, lebt sie gerne als Frau. «Man kann sich nicht in eine andere Version des eigenen Selbst hineinhassen», bringt sie ihre persönliche Erfahrung auf den Punkt.

 

Liebe deinen Körper

Persönlich bin ich überzeugt, dass Christen dem Trend zur Ablehnung des Körpers und des Geschlechts vor allem mit der unverschämt leibfreundlichen, biblischen Sicht auf den menschlichen Leib begegnen sollten3

Die biblische Aussage, dass Gott den Menschen in den beiden Geschlechtern Mann und Frau als Ebenbild Gottes geschaffen hat, legt das Fundament für genau die unbedingte und unverlierbare Würde des Menschen, die ich als «Heilmittel» für die tiefsten, menschlichen Sehnsüchte nach Liebe, Angenommen-Sein und Ganzheit erlebe. 

Weder das Problem Diskriminierung noch das tiefe Unwohlsein vieler Menschen können durch die Verleugnung wissenschaftlicher Fakten oder durch die Verdrehung grundlegender Wahrheiten geheilt werden. Oliver O' Donovan schreibt in «Begotten or made?»: «Christen sollten ihren Glauben an die natürliche Ordnung als die gute Schöpfung Gottes bekennen. Wir müssen die Natur schätzen, wir müssen uns an ihre immanenten Gesetze halten und unser Handeln im Einklang mit ihnen planen.»

Gott schuf den Menschen als Mann und Frau. Er schuf nicht eine Vielzahl von Geschlechtern. Wir vertrauen der schöpferischen Sprache des Leibes und hören auf sie. Was biologisch angelegt ist, ist kostbar und aussagekräftig. Wesentlich ist dabei: Wir anerkennen, dass Gott Mann und Frau in grosser Kreativität und Vielfalt geschaffen hat. Was wir als Kirche und als Gesellschaft brauchen, ist nicht eine Vielzahl von Geschlechtern, sondern Vielfalt innerhalb der Geschlechter Mann und Frau.

Dass es Menschen gibt, deren geschlechtliche Zuordnung und Identitätsfindung aus körperlichen Gründen oder aufgrund psychologischer Aspekte schwierig ist, anerkennen wir. Betroffenen Menschen begegnen wir mit Achtung und suchen mit ihnen zusammen nach biblisch gestützten, gangbaren Wegen. Ausnahmen bestätigen jedoch auch hier die Regel und sollen nicht zur Regel gemacht werden.

 

Christen gehören nicht sich selbst

Transgender als Ideologie ist unter anderem Ausdruck einer Lebenshaltung, die Gott als übergeordnete Autorität ablehnt. Die Feministin und Historikerin Camille Paglia schreibt in «Vamps and Tramps»: «Das Schicksal, nicht Gott, hat uns dieses Fleisch gegeben. Wir haben absoluten Anspruch auf unseren Körper und dürfen mit ihm machen, was wir für richtig halten.»

Eine ganz andere Sicht vertritt Paulus, wenn er in 1. Korinther 6,19 schreibt: «Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes in euch ist, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?» Für mich eine unendlich entlastende Botschaft. Ich muss mich nicht selbst definieren, ich bin zugehörig, als Ebenbild Gottes wertgeachtet. Ich bin als ganze Person, inklusive meines Körpers und meiner Geschlechtlichkeit kostbar – und unendlich geliebt4.

 

1 In der Schweiz wurden laut Spitalstatistik zwischen 2018 und 2020 neun Mädchen zwischen 10 und 14 Jahren operativ die Brüste entfernt.

2 https://taz.de/Jugendpsychiater-ueber-Transidentitaet/!5845336/

3 Ich verwende hier bewusst den Begriff «Leib», weil er von der Wortwurzel «Leben» herrührt und den Menschen ganzheitlich, als Person umfasst.

4 Die Stiftung Zukunft CH hat zum Thema «Transgender bei Minderjährigen» eine sechsseitige Infobroschüre herausgegeben und eine Protestkarten-Aktion lanciert.

Infobroschüre: https://www.zukunft-ch.ch/im-fokus-trans-kinder/

Protestkarten-Aktion: https://www.zukunft-ch.ch/nein-zu-geschlechtsumwandlungen-bei-minderjaehrigen/

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